Avalonia

Avalonia

Avalonia umfaßt Südostengland, Nordfrankreich, Belgien, Norddeutschland sowie Luxemburg, die Niederlande, Dänemark und Teile der Nordsee. In der Literatur findet man auch häufiger die Namen Mitteleuropische Mikroplatte, Lüneburg Massiv und London-Brabant Massiv, die aber jeweils nur Teile Avalonias bezeichnen. Laurussia und Avalonia bildeten nach der Kaledonischen Orogenese den so genannten Old Red Continent.

Die südliche Grenze Avalonias zu Armorika hin liegt heutzutage etwa am Südrand der Nördlichen Phyllitzone. Allerdings sind durch die Kollision mit Armorika große Teile Avalonias unter Armorika subduziert oder stark deformiert worden, so daß die Gesamtgröße nicht mehr rekonstruierbar ist (ZIEGLER, 1990).

Die Grafiken zeigen schematisch die geologische Entwicklung Europas in den letzten 500 Millionen Jahren.

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Der europäische Teil des Variscischen Faltengürtels besteht aus einer Kollage von Terranes, die ursprünglich zu Gondwana gehörten. Im frühen Palozoikum lösten sie sich von der Nord-Grenze Gondwanas und bewegten sich in Richtung N, um mit den nördlich gelegenen Kontinenten Laurentia und Baltica zu kollidieren (VAN DER VOO, 1979). Die Terranes bildeten zwei Mikroplatten Avalonia und Armorika (TRENCH & TORSVIK, 1991). Armorika wird als Terrane-Vergesellschaftung angesehen, die ursprünglich ein Teil Nordafrikas war, während Avalonia möglicherweise Südamerika angehörte. Die Grenze zwischen Avalonia (N) und Armorika (S) wird heute an den S-Rand der Nördlichen Phyllitzone gelegt (ANDERLE et al. 1995; FRANKE & ONKEN, 1995).

Palomagnetische Daten, der Beginn des kalkalkalinen Vulkanismus in Avalonia im Tremadoc und die endemischen Faunen zeigen an, daß sich im frühen Ordovizium Avalonia in Richtung N von Gondwana entfernte, das über dem Südpol lag. Während im NE der Tornquist Ozean nach S subduziert wurde, bildete sich zwischen Avalonia und Gondwana der Rheische Ozean aus (MC KERROW et al. 1991). Im Ordovizium driftete Armorika ebenfalls in Richtung N. Zwischen Armorika und Gondwana entwickelte sich als Folge der Massif Central- / Moldanubikum-Ozean (MATTE et al., 1990). Im unteren Silur kollidierte Avalonia mit Baltika, und der Japetus Ozean zwischen Laurentia und Baltica schrumpfte.

Die Schließung des Japetus erfolgte scherenartig. In Skandinavien ist sie schon im mittleren Silur belegt (ROBERTS, 1988), in den Appalachen erst im Devon (MC KERROW et al., 1991). Im oberen Silur schloß sich der Rheische Ozean (Abb. 2d + e; ANDERLE et al., 1995; FRANKE & ONKEN, 1995; FRANKE et al., 1995a). Im Unterdevon wurde diese Sutur jedoch wieder geöffnet, wobei ein relativ enger Riftbogen, das Rhenoherzynische Becken, gebildet wurde (FRANKE & ONKEN, 1995). Während dieser Zeit (vor 380 Ma) drehte sich das Tepl-Barrandium um 140 gegen den Uhrzeigersinn, noch vor der Konsolidierung mit dem Saxothuringikum im späten Devon. Im Gegensatz zum Tepl-Barrandium sind im Saxothuringikum keine Anzeichen einer solchen Rotation zu erkennen, so daß die saxothuringische kontinentale Kruste, auf der das Arbeitsgebiet liegt, als separate Mikroplatte betrachtet wird. Ihre Bewegungsgeschichte gleicht jedoch der des Tepl-Barrandiums. Das Rhenoherzynische Becken wurde zwischen dem Oberdevon und Unterkarbon geschlossen (FRANKE & ENGEL, 1986).

Es ist noch unsicher, ob in dem Zeitraum vom mittleren bis oberen Devon zwischen den nördlichen Kontinenten (Old-Red-Kontinent) und Gondwana ein Ozean existierte. Im Rahmen der Konsolidierung der Platten zur heutigen Konfiguration der zentraleuropäischen Varisciden fand eine großmaßstäbliche Scherung mit transpressiven Bewegungen statt, die zur Öffnung kleinerer Meeresbecken führte (FRANKE, 1989a, b; MATTE, 1991; QUESADA, 1991), verbunden mit einer großräumigen Rotation und Deformation des variscischen Gürtels (HIRT et al., 1992; RIES & SHACKLETON, 1976; TAIT et al., 1994).