Quartär

1,6 Millionen Jahre bis heute

Name: Der Begriff Quartär wurde 1929 von Jules Desnoyers Nach einer alten Einteilung in Primär- (=Präkambrium), Sekundär- (=Paläo- u. Mesozoikum), Tertiär- und Quartär-"Gebirge" vorgeschlagen, um Sedimente im Pariser Becken anzusprechen, die deutlich jünger Alter waren als tertiäre Ablagerungen. Das Quartär umfaßt in etwa die Zeitspanne der jüngsten Vereisungsperiode (verschiedene aufeinanderfolgende Eiszeiten) der Erde.

Man unterteilt das Quartär in das Pleistozän, den ersten und längsten Teil der Periode, den man auch als Eiszeit bezeichnet, und den jüngsten oder postglazialen Zeitabschnitt, das Holozän, das vor 10 000 Jahren begann.
Wegen der kurzen Zeitdauer des Quartärs ist eine fossilstratigraphische Abgrenzung zum Tertiär nicht oder nur schlecht möglich, die Grenze zum Tertiär ist bislang noch nicht bindend festgelegt.

Quartär_Kontinentalverteilung_400pxDas Quartär ist zwar der kürzeste Abschnitt in der Erdgeschichte, für die gegenwärtige Oberflächenstruktur der Erde aber der Prägendste, wie die Landschaftsformen des heutigen norddeutschen Tieflandes zeigen. Im Gegensatz zu den älteren Epochen sind die Ablagerungen des Quartärs an der Erdoberfläche sichtbar.

Temperaturschwankungen verursachen weltweit Kalt- und Warmzeiten in den gemäßigten und Regen- und Trockenzeiten in den warmen Zonen. In den Kaltzeiten kommt es zu den bedeutendsten Vereisungen der Erdgeschichte (über 30% der Festlandoberfläche ist vergletschert). Durch die Bindung von Wasser zu Eis sinkt der Meeresspiegel, und es bilden sich Landbrücken wie die Bering-Brücke. In der Nacheiszeit (Beginn vor ca. 10.000 Jahren) dringt das Meer zu den heutigen Küstenlinien vor.

Der Temperaturrückgang im Pleistozän betrug 5 - 13 ° Celsius. Es bildeten sich großräumige Vereisungen. Ein Inlandeisfeld mit riesigen Gletschern schob sich über Skandinavien mehrfach bis in den heutigen norddeutschen Raum. Die ersten beiden großen Vereisungen reichten bis an die Mittelgebirge, die Gletscher der dritten Eiszeit überschritten die heutige Elbe nicht mehr. Die zwischen den Eiszeiten auftretenden Warmzeiten (Interglaziale), in denen die Temperaturen deutlich höher waren als heute, unterteilen das Pleistozän in drei große Kaltzeiten (Glaziale), die Elster-, die Saale- und die Weichseleiszeit.

Die Elstereiszeit brachte nordischen Geschiebemergel (kleinere Bestandteile des Moränenmaterials, die zusammen mit dem Sand- und Tonanteil den Geschiebemergel ausmachen) in das heutige Salzgittergebiet. Im Rückzug der Eismassen wurden Schotter (Oberterrasse) abgelagert. In der Saaleeiszeit kam es erneut zur Ablagerung von Geschiebemergel. Das Flussbett der Innerste verlagerte sich, nachdem der ursprüngliche Weg versperrt war. Sie floss durch das Aue-Flothe-Tal und hinterließ riesige Mengen Mittelterrassenschotter (Kiesvorkommen bei Osterlinde, Lesse und Reppner)

Kalte Fallwinde wehten den ausgeblasenen Staub der Moränen und Sandflächen in die Steppe. Vor dem Eisrand kam es am Ende der Weichseleiszeit so zu teils mehrere Meter mächtigen Lößablagerungen, die zwischen den Mittelgebirgen und dem ehemaligen Eisrand einen etwa 50 Kilometer breiten Gürtel bildeten (Hildesheimer und Magdeburger Börde).

Flora und Fauna
In jeder Eiszeit wurden in Mitteleuropa die weitverbreiteten Wälder durch eine gehölzarme Vegetation abgelöst. Nordeuropa war zeitweise sogar baumlos. Die Gebiete verwandelten sich in Gras- und Zwergstrauchsteppen (tundrenähnliche Landschaft).
Im heutigen Salzgittergebiet bevölkerten Mammutherden Mammuthus primigenius die eiszeitliche Landschaft. Diese über 3 Meter großen Tiere teilten den Lebensraum mit Wollnashörnern Coelodonta antiquitatis, Riesenhirschen Megaloceros giganteus und Rentieren Rangifer tarandus. Aber auch Steppenwisente Bison priscus, Urrinder Bos primigenius und Pferde Equus spec. gehörten zu den Tieren, die hier gelebt haben. Dies beweisen eindrucksvoll die ausgestellten Knochen- und Zahnfunde aus den saaleeiszeitlichen Kiesen des Salzgittersees (Salzgitter-Lebenstedt). Über 1.300 Skelettteile sind bisher gefunden worden. Auch Höhlenlöwen und Wölfe haben hier gejagt (Funde aus den Gipsvorkommen über Kiefer Homo heidelbergensis dem Thieder Salzstock, Jägerlager an der Krähenriede. Die Funde dieses Jägerlagers sind in der Ur- und Frühgeschichtlichen Abteilung im Erdgeschoss des Museums im Schloß Salder ausgestellt).
Kulturträger in dieser Zeit (ab etwa 120.000 Jahre vor heute) war der Neandertaler Homo sapiens neanderthalensis, bis er vor circa 35.000 Jahren durch den modernen Menschen Homo sapiens sapiens verdrängt wurde.


In den Warmzeiten zogen sich die Kälte liebenden Tiere in den Norden zurück. Die an Wärme gewöhnten Arten wanderten ein. Auch die Vegetation paßte sich den klimatischen Bedingungen an. Es wuchsen Eichen, Ulmen, Eschen, Hainbuchen und Tannen. In den Wäldern lebten Affen, Waldelefanten, Waldnashörner aber auch Säbelzahnkatzen und in den Flüssen badeten Flusspferde.
Im Verlauf des Pleistozäns haben sich einige der warmzeitlichen Tiere aus Europa zurückgezogen und sind heute nur noch in wärmeren Klimazonen, wie in Afrika oder Asien, anzutreffen, andere, wie der Waldelefant, das Waldnashorn oder die Säbelzahnkatzen sind ausgestorben. Auch viele der eiszeitlichen Tiere, wie Mammut, Wollnashorn, Riesenhirsch und Höhlenlöwen gab es nach der Eiszeit nicht mehr.

Zu Beginn des Holozäns, das vor 10.000 Jahren begann und noch andauert, traten an die Stelle eiszeitlicher Tundren Birken- und Kiefernwälder (Präboreale Vegetationszone). Vor ungefähr 7.500 bis 5.000 Jahren dominierte der Eichenmischwald mit Eichen, Ahorn, Eschen, Linden und Ulmen (Boreale Vegetationszone). Seit ungefähr 2.500 Jahren (Subatlanticum) existiert die heutige, uns bekannte Pflanzen- und Tierwelt.

In Zwischeneiszeiten war das Klima oft wärmer als heute. In den Kaltzeiten erstreckt sich ein kalter Korridor zwischen dem skandinavischen Inlandeis im Norden und den alpinen Gletschern im Süden. Typische Ablagerungen der Kaltzeiten sind Moränen; im Vorland der Gletscher sind es Terrassenschotter und Löß. Als Relikte der Eiszeit verbleiben die Seenplatten Norddeutschlands und die großen Alpenseen. Gegen Ende der Eiszeit macht sich wieder Vulkanismus bemerkbar (Eifel).

nach Renate Vanis, Einblick in die Erdgeschichte, Veröffentlichung des Städtischen Museums Salder